Ersteinschätzung Ordnungswidrigkeit
Dies ist die Ausgangslage: Die Polizei hat eine Ordnungswidrigkeit festgestellt, mit welcher Ihr Fahrzeug in Verbindung gebracht wird. Unabhängig davon, ob Sie oder ein Dritter gefahren sind erhalten Sie, da Sie voraussichtlich als Fahrzeughalter (durch das Nummernschild) ermittelt wurden einen Fragebogen.
Die erste Frage ist: Sind Sie verpflichtet, den Anhörungsbogen auszufüllen?
- Nein, Sie müssen den Fragebogen grundsätzlich nicht ausgefüllt zurücksenden!
Die Frage ist, ob Sie dies unterlassen sollten. In diesem Fall müssen Sie im Zweifel damit rechnen, dass sich die Verkehrspolizei persönlich an Sie wendet und Sie besucht, um festzustellen, ob derjenige, der Ihr Fahrzeug geführt hat mit Ihnen als Fahrzeughalter identisch ist. Wann die Polizei vorbeikommt kann nicht vorhergesagt werden (die frühen Morgenstunden sind hier genau so beliebt wie auch spätabendliche Besuche, die freilich nicht zuvor angekündigt werden)
Die zweite Frage ist, riskieren Sie ein Bußgeld, wenn Sie den Anhörungsbogen nicht zurück senden?
Im Belehrungsteil des Bußgeldbescheides wird ein Bußgeld angedroht. Die Bußgeldstelle zitiert hierbei § 111 OWiG. Nach § 111 OWiG handelt Sie aber nur ordnungswidrig, wenn Ihre Personenstandsdaten (als Halter des Fahrzeugs) nicht korrekt gegenüber der zuständigen Stelle angegeben werden.
Sie müssen daher lediglich überprüfen, ob Ihr Name, die Anschrift, das Geburtsdatum und Ihr Geburtsort im Anhörungsbogen korrekt wiedergegeben sind. Sollten die Daten zutreffen, sind Sie unseres Erachtens grundsätzlich nicht verpflichtet den Anhörungsbogen zurückzusenden. Allerdings „riskieren“ Sie einen unaufgeforderten Besuch der Polizei zu erhalten (vor dem auch kein Anwalt schützen kann!) Und im Zweifel, falls die Behörde Ihnen aufgrund fehlender Mitwirkung ein Unterlassen übel nimmt eben doch ein Bußgeldbescheid, gegen den Sie u.E. aber erfolgreich vorgehen können. Der Wortlaut dieser Vorschrift lautet nämlich:
§ 111 OWiG:
(1) Ordnungswidrig handelt, wer einer zuständigen Behörde, einem zuständigen Amtsträger oder einem zuständigen Soldaten der Bundeswehr über seinen Vor-, Familien- oder Geburtsnamen, den Ort oder Tag seiner Geburt, seinen Familienstand, seinen Beruf, seinen Wohnort, seine Wohnung oder seine Staatsangehörigkeit eine unrichtige Angabe macht oder die Angabe verweigert.
(2) Ordnungswidrig handelt auch der Täter, der fahrlässig nicht erkennt, daß die Behörde, der Amtsträger oder der Soldat zuständig ist.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn die Handlung nicht nach anderen Vorschriften geahndet werden kann, in den Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu eintausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 mit einer Geldbuße bis zu fünfhundert Euro geahndet werden.
Falls Ihre Personendaten richtig sind, verweigern Sie ja durch die Unterlassene Rücksendung nicht die Angabe dieser Daten ( § 111 OWiG begründe zwar keine Auskunftspflicht, sondern setze eine andernorts normierte Auskunftspflicht voraus: vgl.: BVerfG, Beschluss vom 07.03.1995 – 1 BvR 1564/92) aber falls z.B. : neben der Ordnungswidrigkeit auch eine polizeiliche Identitätsfeststellung aber gemäß § 163 b StPO zulässig gewesen ist, handeln Sie auch nach § 111 OWiG ordnungswidrig (vgl.: BVerfG a.a. O.). Und ob dies Vorschrift auch in Ihrem Fall ggf. einschlägig ist, und auch wegen einer Straftat ermittelt wird, kann man ggf. nicht von vorneherein ausschließen.
Deshalb brauchen Sie im Regelfall dann doch einen Anwalt wenn Sie sich eingehend beraten wollen.
Die dritte Frage ist: Ist es klug sich im Rahmen des Anhörungsbogens zu äußern?
Dies kommt auf den Einzelfall an. Im Regelfall rät jeder Anwalt zunächst einmal davon ab Angaben zur Sache zu machen. Es besteht keine Verpflichtung sich selbst zu belasten, auch nicht falls Sie von der Polizei geladen werden. Allerdings kann dies eben zur Folge haben, dass die Polizei zu Ihnen kommt.
Viele Betroffene senden nach anwaltlicher Beratung den Anhörungsbogen zurück, indem Sie die Persönlichen Daten bestätigen, aber keine Angaben zur Sache machen.
Für den Fall, dass Sie zum fraglichen Zeitpunkt selbst Ihr Fahrzeug geführt haben, bekommen Sie dann mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Besuch der Polizei. Ist ein Dritter Ihr Fahrzeug gefahren ermittelt die Polizei weiter und schaut ggf. doch bei Ihnen persönlich vorbei um Sie zu befragen. (Auch davor kann kein Anwalt schützen!)
Die vierte Frage ist: Darf ich einen Dritten Fahrzeugführer, der mit meinem Fahrzeug gefahren ist decken?
Zunächst ist nochmal klarzustellen, dass Sie sich selbst nicht belasten müssen und insbesondere auch im Rahmen des Anhörungsbogens also des Verdachts eine Ordnungswidrigkeit nicht mitteilen müssen, ob eine Dritte Ihnen bekannte Person das Fahrzeug geführt hat.
Gänzlich abzuraten ist es falsche Angaben im Rahmen des Anhörungsbogens zu machen, da dies eine Straftat nach § 164 StGB ist und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verfolgt wird: wer wider besseres Wissen eine falsche Tatsachen-Behauptung aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahme gegen einen (unschuldigen) Dritten herbeizuführen, verwirklicht den Straftatbestand der falschen Verdächtigung. Diese Straftat ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe sanktioniert.
- Falls es sich bei dem Fahrzeugführer der die Ordnungswidrigkeit begangen haben soll um einen (nahen) Angehörigen handelt
erteilen manche Anwälte (weil dies gesetzlich ermöglicht ist) den Rat Angaben insoweit zu machen, als dass schon auf dem Anhörungsbogen oder im Rahmen einer Vertretungsanzeige bereits mitgeteilt wird, dass Sie als Betroffener (Halter) von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen.
Dies gestattet der Polizei dann Ermittlungen auf den Kreis der Ihnen nahestehenden Personen einzuschränken und Hausbesuche zu machen um Fragen zu stellen, oder Fotografien, die anlässlich der Ordnungswidrigkeit vom Fahrzeugführer gemacht wurden mit den in Frage kommenden Personen zu vergleichen.
Empfehlenswert in einer solchen Konstellation kann es also durchaus sein, (erst einmal) keine Angaben auf dem Anhörungsbogen zu machen.
Gelingt es der Behörde nicht innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten, den Fahrerzeugführer, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat rechtzeitig zu ermitteln, besteht die Chance, dass das Verfahren eingestellt wird.
Die fünfte Frage: Wann ist es sinnvoll Angaben (über die Bestätigung der Personendaten hinaus) zu machen?
Eigentlich nie, außer es ist ein Dritter gefahren, den Sie nicht schützen wollen. Auch wenn Ihr Fahrzeug entwendet wurde, als der Verstoß begangen wurde, kann es im konkreten Einzelfall so sein, dass diese Umstände bereits auf dem Anhörungsbogen mitteilen, um sich selbst zu entlasten.
- Was tun, wenn Sie selbst zum Zeitpunkt der Begehung der Ordnungswidrigkeit ein Firmenfahrzeug genutzt haben, oder als Arbeitgeber einen Anhörungsbogen erhalten?
Ihr Arbeitgeber wird als Halter ermittelt und erhält im Regelfall den Anhörungsbogen. Ihrem Chef drohen meist scharfe Sanktionen, z.B.: das Führen eines Fahrzeugbuches, falls er Sie nicht „verpetzt“. Dies führt, gerade, wenn Ihr Chef verantwortlich für eine ganze Flotte von Fahrzeugen ist, zu einem sehr hohen Verwaltungs-Aufwand führen. Deshalb wird die Abwägung in den meisten Fällen zu Ihren Ungunsten ausfallen und eine Mitteilung erstattet werden.
- Was MJH Rechtsanwälte für Sie tun kann?
Wir können Sie beraten, ob es sinnvoll ist, Angaben auf einem Anhörungsbogen zu machen oder auch nicht. Wir können Sie dorthin gehend beraten, ob es für Sie sinnvoll ist gegen einen (drohenden) Bußgeldbescheid vorzugehen, oder nicht. Auch welche Repressalien drohen, falls Sie sich uneinsichtig einer Bestrafung nach Einlegung eines Widerspruchs widersetzen.
Ob Chancen für Sie bestehen können wir nur feststellen, wenn wir Akteneinsicht beantragen und die dann erhaltene Akteneinsicht auswerten. Wobei eine Verteidigung selbstverständlich eleganter ist, wenn Sie sich, oder andere nicht schon durch Angaben von vorne herein (selbst) belastet haben.
- Im Regelfall werden die entstehenden Anwaltskosten dabei von der Verkehrsrechtsschutzversicherung übernommen.
Vereinbaren Sie gerne einen Besprechungstermin mit unserer Kanzlei, falls Sie eine Erstberatung in Ihrem konkreten Fall wünschen.